Wohl jeder hat von ihm gehört, aber nicht alle wissen, was es mit dem Aderlass präzise auf sich hat. In den Curhäusern wird an bestimmten Tagen der Aderlass nach Hildegard von Bingen angeboten. Das „Zur-Ader-lassen“ ist eine der ältesten medizinischen Methoden, um den Körper zu entgiften und belastende Stoffe, die sich angesammelt haben, los zu werden. In der Traditionellen Europäischen Medizin ist er eine wesentliche Methode um die Selbstheilungskräfte anzuregen, die Abwehrkraft zu stärken und den Stoffwechsel und Hormonhaushalt zu regulieren.
Nach klaren Richtlinien
Die Mystikerin, Äbtissin und Naturheilkundige Hildegard von Bingen hat vor rund 900 Jahren klare Richtlinien aufgestellt, die dafür sorgen, dass der Aderlass seine bestmögliche Wirkung erzielen kann. „Die beiden wesentlichsten Prinzipien sind, dass der Aderlass bis zu sechs Tage nach dem Vollmond durchgeführt wird und das absolut nüchtern. Kein Zähneputzen, kein Schluck Wasser bevor das Blut, durch ein spezielles Schlauchsystem nach Dr. Ewald Töth, in ein Becherglas aus einer der drei Hauptvenen in der Armbeuge,
abfließt“, erklärt die Ärztin Kerstin Weinberger die Durchführung. Sie hat mehr als zehn Jahre Erfahrung mit dem Aderlass und führt diesen in den Curhäusern wie auch in ihrer Praxis für Ganzheitsmedizin in Ottensheim durch.
Ein besonderer Tag für die Gesundheit
Im Curhaus wird der Aderlass eintägig oder innerhalb eines mehrtägigen Aufenthalts angeboten. Gleich nach dem Aderlass bekommen die Gäste ein Hildegard-Frühstück mit Habermus, vegetarischen Aufstrichen, Birnenkompott und gluteinfreiem Brot. Dazu gibt es Wasser, Tee oder Dinkelkaffee. Vorträge zu TEM und Ernährung vertreiben die Zeit bis zum Hildegard-Mittagessen.
Es gilt ein paar Tage nach dem Aderlass einige Ernährungsregeln im Alltag einzuhalten: Vollkornprodukte, Obst und Gemüse essen, tierisches Eiweiß, Kaffee und schwarzen Tee weglassen. Auch sollte man zwei, drei Tage die Augen vor grellem Sonnenlicht (Brille tragen) schützen, Fernsehen und Bildschirmarbeit meiden und sich allgemein schonen.
„Am Nachmittag kommt jeder Gast zur Endbesprechung des Sichtbefundes einzeln zu mir. Dann kann ich aufgrund des Blutbefundes, der Hinweise auf Allergien, Stress, Entzündungen, Magen-Darm-Problemen, Bluthochdruck, Arterienverkalkung etc. liefern kann, gezielte Tipps zu Verhaltensänderung und Ernährung geben“, erzählt Weinberger, die viele Aderlass-Stammgäste hat, die diese Reinigung regelmäßig, etwa zwei- bis vier Mal im Jahr, durchführen lassen.
Optimal nach Vollmond
„In den Tagen nach Vollmond gibt der Körper Giftstoffe leichter ab, das dunkle belastete Blut trennt sich leichter vom gesunden hellen Blut. Ich lasse etwa 100 bis maximal 200 ml Blut, das ist ein Drittel der Menge, die beim Blutspenden abgenommen wird, in ein spezielles Glas abfließen. Sobald nach dem dunklen Blut, helles in das Glas fließt, breche ich ab. Schon beim Fließen erkenne ich, ob das Blut zum Beispiel verschleimt oder dickflüssig ist. Man lässt das Glas einige Stunden lang stehen und beobachtet, wie sich die flüssigen von den festen
Blutbestandteilen trennen. Farbe, Fließgeschwindigkeit, Wolken oder Schleim im Blut sind aussagekräftig und zeigen, ob zum Beispiel Entzündungen und viele Freie Radikale im Körper vorhanden sind, wie es um das Darmmilieu bestellt ist oder ob eine Leberbelastung vorliegt“, sagt die Ärztin und ergänzt: „Manche Dysbalancen lassen sich feststellen, noch bevor Laborwerte, eine Organbelastung anzeigen.“
Zur Prävention und gegen Zivilisationsbeschwerden
„Manche Klienten oder Patienten erzählen, dass sie sich ein, zwei Tage nach dem Aderlass abgeschlagen fühlten, sich danach aber ein enormer Energieschub und geistige Klarheit einstellten. Der eine oder andere berichtet sogar von Euphorie, die der Aderlass bewirkt. Bei diversen Beschwerden kann sich eine Erleichterung einstellen. Bei einer Migränepatienten ließen die Kopfschmerzen noch während der Behandlung nach. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich“, sagt die Ärztin.
Empfohlen wird der Aderlass ab dem 20.sten Lebensjahr. Schwangere, Stillende, Menschen mit akutem Fieber, starker Blutarmut und Eisenmangel sowie solche, die schwer geschwächt sind, sollen auf den Aderlass verzichten.
Die Menge des abgezapften Blutes ist in sieben bis zehn Tagen nachgebildet.
Der Aderlass kann während des Fastens durchgeführt werden. „Optimal ist er aber gleich nach dem Fasten. Denn der Fastenprozess bringt die Stoffwechselendprodukte und Giftstoffe in Bewegung und der Aderlass hilft dem Körper, sie leichter auszuspülen“, sagt Weinberger.
Als Hauptwirkungen nennt die Ottensheimer Ärztin:
- Klärung des Geistes
- Aktivierung der Selbstheilungskräfte
- Stärkung des Kreislaufes und Senkung des Blutdrucks
- Erhellung des Gemütszustandes
- Verbesserung der Fließeigenschaft des Blutes
- Anregung der Blutbildung
- Stärkung des Immunsystems
- Entgiftung des Körpers
- Allgemeine Vitalisierung
- Verminderung von Entzündungen im Körper
Diese traditionelle Reinigungsmethode ist optimal zur Gesundheitsvorsorge. Der Aderlass kann zum Beispiel bei Gicht, entzündlichen Gelenkserkrankungen, anderen entzündlichen Prozessen, Hauterkrankungen wie etwa Neurodermitis, Allergien, Bluthochdruck etc. Linderung bringen. Die Schulmedizin wendet den Aderlass bei ganz wenigen Krankheiten an, etwa bei der Eisenspeicherkrankheit.